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1972-1980

1972 – 1980

Goldenes Jubiläum

Ich freue mich mit der ganzen KIKRI Gemeinschaft, das goldene Jubiläum feiern zu können.

Was für ein Ereignis, 1973 traten wir in die Kikri ETH ein, zuerst mit meinem älteren Sohn Oliver und 1977 mit Andreas. Als junge Pharmaziestudentin im 3. Jahr wurde ich Mutter. Ich wollte mein Studium und die beruflichen Aussichten nicht aufgeben. Ja, aber wie soll das gehen. Eine Mutter ist doch zu Hause? Wer schaut zum Kind? In der Schweiz ist das nicht üblich, wie in anderen Staaten, speziell in den sozialistischen Oststaaten, da stehen Kinder-hüteinstitutionen und Grossmütter einfach zur Verfügung.

Auch an der ETH hat die neue Zeit nach 68 einiges verändert in den Strukturen. Studenten, Assistenten sind aktiv geworden und verlangten mehr Mitsprache und Veränderungen. Das veraltete ETH Gesetz wurde bachab geschickt, nach einem eidg. Referendum 1969/70. Wir Frauen sammelten Unterschriften und Stimmen, unsere zählte noch nicht. In der Studentenzeitung wird im Frühling 1972 das Projekt Kikri ETH vorgestellt, selbstorganisierte Kinderkrippe für Studenten, Assistenten und alle ETH Angestellten mit ETH-Subvention. Ich hatte eine Chance, mein Studium fortzusetzen und mein Kind wird betreut werden.

Ich erinnere mich an unsern ersten Besuch, Frühling 1973, in der Kikri an der Hochstrasse, in einer grossen Wohnung mit Garten. Ein Bub klettert aufs Fenstersims, Runterziehreflex der jungen Mutter, aber Augusta, die Kindergärtnerin, kommt und mahnt: «Wie macht man das? Po muss unten sein, sonst fällst du raus.» Aha. Ein grösserer Bub schleppt die Werkzeugskiste an. «Du musst in die Küche gehen und die Türe zumachen, das ist nichts für die Kleinen. » Gehört, gemacht. Was für ein Ort für Kinder und junge Eltern, hoffentlich bekommt Oliver im Herbst, er wird dann jährig sein, einen Platz. Am Abend war Elternrunde, damals wöchentlich, Erfahrungen, Unsicherheiten wurden ausgetauscht, Organisatorisches besprochen wie Neuaufnahmen. Ich wurde eingeladen und bekam bald Bescheid, dass ein Platz für Oliver frei ist. Ich erinnere mich an Tonino, Lucia, Lena, Werner, Ruth, Gabriel, Kathrin, andere Namen sind entfallen nicht aber die Personen.

Im Oktober 1973 bringe ich Oliver zum ersten Mal in die neue Gemeinschaft. Er weint und will nicht bleiben, was tun? Die «grossen» Buben sind hilfreich, nehmen den Kleinen in den Arm und lenken ihn ab. Am späten Nachmittag hole ich ihn ab, alles gut gegangen, nur schlafen will er nicht am Mittag und das tut er dann nie, verständlich mit dem Privileg, die Mittagspause mit den Kindergärtnerinnen zu verbringen.

Die Kikri funktionierte dank den aktiven Eltern: Mittagshütedienst oder Samstagputzete waren obligatorisch, und natürlich die Vorstandsarbeit, fakultativ.

Mittagshütedienst heisst wackere junge Burschen im Hause auf Kurs zu halten, Mutsprünge vom Tisch oder höher auf die Matratze, wenn das nur gutgeht, meiner wird nie so unzähmbar werden, dachte ich mir. Total erschöpft drudelte ich wieder ins Labor und die Kollegen zeigten mir das Falten von Papierflugis, ich wollte Punkte sammeln in der folgenden Woche. Die Probeflüge funktionierten, wurden aber wegen Ablenkung und Brandgefahr verboten im Labor.

Eine wunderbare Zeit verbrachten wir in der Kikri, wir als Eltern mit den Kindern, eine Gemeinschaft auch ausserhalb der Öffnungszeiten. Das Spiel soll weitergehen, war der Nachmittag frei, zog ein Tross von Eltern mit Kindern an den See. Die Kinder wollten in der Familie der Freunde übernachten. Rann die Zeit davon und das Kind konnte nicht pünktlich abgeholt werden, schnell ein Telefon und ein anderer Elternteil versorgte es in der Zwischenzeit. Ganze Wochenenden verbrachten wir gemeinsam, auf dem Randen. Mit Spiel und gutem Essen und viel Austausch.

Im Oktober 1977 begann die Kikrizeit für Andreas, unser 2. Kind. Die Kikri zog in der Zwischenzeit um an die Nelkenstrasse. Gegenüber wohnte Ingrid Stoll, Kikrimitarbeiterpionierin, sie war Andreas’ Tagesmutter im Halbjahr vorher. Da kann ich nur Danke sagen für die gute Unterstützung.

Mit Andreas starteten andere Höckerchen wie die kleinen Bewohner (ab 1 Jahr) genannt wurden, ein starker Trupp von Kikrianer, Laura, Pierinne, Oliver K und andere Gspänli. Je früher sie in die Krippe eintraten, je sicherer waren sie und Rivalenkämpfe waren nicht nötig: als Kleinkinder hatten sie nicht nur leibliche Geschwister als Beschützer und als Grössere beschützten sie Neuankömmlinge. Wer mit 3 Jahren neu dazukam musste sich bewähren und Allianzen schaffen, vor allem die Buben. Selten gab es Tränen, eher viel Geschrei, doch bald gehörten sie dazu.

Die Kikri war auch Kindergarten und der Abschied begann für Kinder und Eltern mit dem Schuleintritt. Ich konnte und wollte mir die Zeit ohne Kikri für Oliver und später Andreas nicht vorstellen. Tagesschulen gabs nicht in Zürich in dieser Zeit und vor allem nicht in dieser gemeinschaftlichen Form. Oliver und ein paar Kollegen verbrachten den Mittwochnachmittag in den ersten Monaten nach Schuleintritt in der Kikri, die Allergrössten wurden kleine Mitarbeiter.

Wir Eltern waren die Hauptverantwortlichen und unser Zusammenhalt und die Zusammenarbeit essentiell für das Gelingen. Das Verhältnis zu den «Angestellten» beruhte auf gegenseitigem Vertrauen. Frauen UND Männer (Bruno, Kleinkindererzieherlehrling zum Beispiel) waren tätig bei uns. Ein Danke an euch alle.

Mehrere Jahre war ich im Vorstand, eine intensive und spannende Zeit. Einige Hürden gabs zu nehmen, um die Kikri am Leben zu erhalten. Fantasie, Taktik, politische Kenntnisse und vor allem unser grosses Engagement für die Kikri hat uns weitergeholfen.

Irgendwann wollte die ETH an den Kleinen sparen, unser Jahres Zustupf (50 000.— Fr) wurde gestrichen, ersatzlos. In den Nachsechziger fürchtete die ETH-Obrigkeit noch die forschen jungen Eltern, und hoffte nun auf mildere Menschen. Nichts da, die Kikri wird überleben. Der ETH- Hauptbuchhalter machte für uns die Abrechnungen, Zahlungen und Kasse, er rettete uns mit seinem Engagement- Der ETH-Schreiner zimmerte und sägte für uns, unter anderem einen Kaninchenstall. Ich war zuständig für die Bargeldabrechnung, einkleben und einschreiben von Quittungen unter Rubriken, Windeln, Zvieris, Putzmaterial usw.. Manchmal war’s schwierig und es gab Löcher in der Kasse wegen fehlender Disziplin der Einkaufenden und Abrechnenden. Die Geduld von Herr Bisang, dem ETH-Hauptbuchhalter, war ausserordentlich. Auch an ihn ein grosses Dankeschön. Jeweils an Weihnachten bekam er ein Geschenk überreicht vom Kikritrupp mit Chor und Orchester. Das ETH-Hauptgebäude hörte mit und war informiert, die Kikri existierte weiter.

Wir sind auch umgezogen dank viel Einsatz bei den Obrigkeiten mit Erfolg, Rauswerfen liessen wir uns nicht. Von der Hochstrasse an die Nelkenstrasse, an die Clausiusstrasse und soviel ich weiss, gabs noch weitere Hin und Hers bis ins 21. Jahrhundert.

Ich wünsche der Kikri, ihren Mitarbeitenden, Eltern und Kindern noch ein langes Bestehen. So eine gute Institution soll noch viele kleine Generationen mitprägen. Ein Dankeschön an alle Kikrigänger von damals bis heute und in der Zukunft und an die Kikri-Schutzengel überall.

Rita Bubenhofer mit Oliver und Andreas,
KIKRI Zeit 1973-1984

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Erinnerungen an die Kikri

Meine Frau Marianne und ich haben die Kikri im Sommer 1974 kennengelernt. Marianne absolvierte ihre Ausbildung zur Augenärztin am Universitātsspital und unsere bald zweijāhrige Tochter Pierrine hatte einen Platz in der Kinderkrippe des Spitals. Diese Krippe war relativ klein und Pierrine musste nach einem Jahr Platz für dringendere Fālle machen. Zu unserer grossen Freude wurde sie in der Kikri aufgenommen. Die Kikri steckte noch in den Kinderschuhen. Rasch wurde uns klar, dass sie keine gewöhnliche Krippe war. Als Mitglied eines Vereins hatten die Eltern ein grosses Mitspracherecht, mussten aber auch Unterstützung leisten. Wichtig war zum Beispiel die Betreuung der Kinder wāhrend der Mittagspause. Dabei konnten wertvolle Kontakte zu den Kindern, den Betreuerinnern und den anderen Eltern geknüpft werden. Die 30 Kinder waren in kleine Gruppen aufgeteilt und genos-sen eine hervorragende Betreuung durch unsere zwei Kindergartenlehrerinnen Angelika und Christina, die durch zwei Lehrtöchter und eine Praktikantin unterstützt wurden.

Zu Beginn war die Kikri an der Hochstrasse 60 untergebracht, dem früher berühmten Heim des Instituts für Theoretische Physik. Die Eltern der ersten Stunde hatten bei der Renovation der Räumlichkeiten tatkräftig mitangepackt und für die Kinder eine gemütliche Atmosphäre geschaffen. Durch den Umzug der damaligen Abteilung für Kulturtechnik und Vermessung auf den Hönggerberg wurde die Clausiusstrasse 62 frei und zum grossen Glück der Kikri beschloss die Schulleitung, die schöne Villa für die Kikri umfangreich zu renovieren. In einem Rekognoszierbesuch wurde eine Delegation der Kikri vom Vorsteher des Instituts für Kulturtechnik, Professor Grubinger, mit österreichischem Charme empfangen. Ich habe seine Eleganz und seine beeindruckende Fliege immer noch in bester Erinnerung.

schön und verlief ruhig. Die anfänglichen Sorgen der Nachbarn wegen des Kinderlärms erwiesen sich als unbegründet und die Kikri konnte sich am neuen Ort gut integrieren. Ihr Aufwand lag damals in der Grössenordnung von Fr. 140’000.- pro Jahr, gedeckt durch eine Subvention der ETH von Fr. 50’000.- sowie durch die Elternbeitrāge. Wir mussten keine Miete bezahlen und die Unterhaltkosten wurden von der ETH übernommen. Die monatlichen Elternbeiträge variierten zwischen Fr. 60.- und Fr. 480.- und richteten sich nach dem Einkommen. Wir hatten damals keine Köchin und das Mittagessen wurde von der Volksküche der Stadt Zürich geliefert.

Ich war sehr stolz, als ich 1976 zum Präsidenten der Kikri gewählt wurde. Ich war wahrscheinlich nicht so engagiert wie die Gründungsmitglieder, hatte aber als Mathematikprofessor viele Kontakte zur Verwaltung der ETH. Unsere Generalversammlungen waren immer gut besucht und sehr lebendig!

Mitte der siebziger Jahre schlitterte die Schweiz in eine tiefe Rezession. Nach Ablehnung eines Finanzpakets durch das Volk im Juni 1977 beschloss der Bund umfangreiche Sparmassnahmen, von denen auch die beiden ETHs betroffen waren. In Zürich wurde die Kreditstelle Sozialausgaben, zu welcher die Kikri Subvention gehörte (und vieles andere mehr), gestrichen. Es gab Protestbriefe des VSETH, der AVETH und des VPOD und ich suchte als Kikri-Präsident mit dem ETH-Präsidenten, Professor Ursprung, das Gespräch. Zu einer guten Lösung verhalf uns schliesslich Hans Bisang, damaliger Chef der ETH-Finanzen, welcher der Kikri immer wohlgesinnt war und sich für uns eingesetzt hat. Es gab Einsparungen, eine leichte Erhöhung der Elternbeiträge und ein wesentlicher Teil der Lohnkosten fand in der Kreditrubrik Personalkosten der ETH Platz. Das war gegen Ende meiner Zeit als Präsi-dent der Kikri (1979) und es gebührte meinem Nachfolger Klaus Zimmermann, sich bei Professor Ursprung für die Lösungsfindung zu bedanken.

Unsere Tochter Pierrine fühlte sich so wohl in der Kikri, dass sie auch ihre ganze Kindergartenzeit dort verbrachte. Sie war sicher die Doyenne unter den Kindern, als sie die Kikri schliesslich doch verlassen musste, um in die Primarschule einzutreten.

Manche Eltern wurden Freunde. Gewisse Kontakte gingen nach Jahren verloren: Roswitha, Klaus, Rita, Monique, Hans Werner, Werner, … Andere gibt es noch heute: Lena, Marie- Thérèse, …

Es war eine schöne Zeit, die ich nicht missen möchte. Vielen Dank.

Max Albert Knus,
KIKRI Präsident von 1976-1979

JAHRESRECHNUNG 1976

Kinder-Turnen ASVZ